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Mann schreibe zum Abschied einen Blogbeitrag

Sicherlich kennen Sie das Sprichwort über das wahrhaft erfüllte Leben eines Mannes: „Baue ein Haus. Zeuge einen Sohn. Pflanze einen Baum.” Aus gegebenem Anlass möchte ich dem heute noch einen weiteren Punkt hinzufügen: „Schreibe zum Abschied einen Blogbeitrag”. Doch wie fasst man über 28 Jahre Medizinischer Sprachendienst bzw. medax in ein paar Zeilen zusammen? Ich will es einmal versuchen…

Wie damals alles begann

Herbst 1980: Nach Abschluss meiner Londoner Ausbildung zum Osteopathen unterschrieb ich einen Dreijahresvertrag bei einer Praxis in München. (Schweizer-) Deutsch konnte ich schon „‘s bitzeli“. Aber war Bayerisch wirklich auch Deutsch? Schwer vorstellbar, wenn sich „der Fuß“ von der Leiste bis zur Großzehe erstreckt. Oder fühlt sich ein durchschnittlicher Deutscher tatsächlich „damisch“, wenn er zu schnell aufsteht? Wahrscheinlich nicht. Langsam aber sicher fand ich mich jedoch hinein.

1985: unser Freund Manfred, Inhaber eines Übersetzungsbüros, suchte einen englischen Muttersprachler für die Korrektur seiner Texte. Er übersetzte schon damals Wirtschaft und Recht. Never mind, ist doch auch Englisch! So fand ich also meinen Einstieg ins Übersetzer-Business.

(Bitte nicht lachen! So in etwa sah ich damals nun einmal aus.)

Es folgten lange Sommertage vor dem ersten Macintosh mit einem winzigen Bildschirm und einem Matrixdrucker, der endlos Seiten ausspuckte. Allerdings nicht immer das, was er gerade ausspucken sollte. Ich erinnere mich an frisch besprochene Wachsplatten, die mit dem Taxi zum Abtippen geschickt werden mussten (!). Und dann hieß es erst einmal warten, bis der geschriebene Text vorlag. Dann wieder Korrektur lesen, bis schließlich ein weiteres Taxi die Platte mit der fertigen Übersetzung zum Kunden chauffierte. So sahen die Zeiten aus VOR dem Internet…

 

Der Medizinische Sprachendienst kommt ins Spiel

Etwas später suchte der Medizinische Sprachendienst englische Muttersprachler mit medizinischem Hintergrundwissen. Das war natürlich genau mein Ding. “Here I am!”, rief ich also. Es folgten sechs Jahre, in denen sich die Familie (erst 2, dann 3, dann 4 Personen) neben meiner Osteopathie mit Übersetzungen über Wasser hielt.

Anfang der 1990er stellte man mir dann die Frage, ob ich den Medizinischen Sprachendienst kaufen wolle? Hhm – why not?! Ein Haus, einen Mazda 626, zwei Kinder und einen Bandscheibenvorfall hatte ich schon. Nur kein Geld. Aber trotzdem wagte ich den Schritt: Please sign here…

1991: im Untergeschoss unseres Olchinger Hauses richteten wir uns das passende Büro ein. Dazu nehme man:

  • eine gebrauchte IBM Schreibmaschine,
  • ein Telefaxgerät,
  • eine mechanische Frankiermaschine,
  • eine Bosch Telefonanlage
  • und zwei Schneider PCs (die ersten DOS-PCs nach dem Commodore 128 Basic!).

Außerdem viele Umschläge, ein Opisometer samt Umrechnungstabelle für die Angebote und Rotstifte.

In einem guten Monat hatten wir bis zu 50 Aufträge. Mein Vorgänger blieb noch zwei Jahre lang bei uns, machte Korrekturlesungen und Urlaubsvertretung und rauchte Benson & Hedges.

 

Die Zeiten ändern sich

Etwa 1995 erlitt ich meine erste Panikattacke mit Arrhythmie, kurz darauf folgte das erste EKG, und dann kam die erste Projektmanagerin (mit Piercing). Das entlastete ungemein.

Etwa zeitgleich kam die Frage auf, ob wir wirklich ein Modem brauchten? Wir haben uns letztlich dafür entschieden. Eine gute Investition, wie sich später herausstellte. Dann kam Windows. Windows? Fenster?! Haben wir doch schon (haha…). Der 18-jährige Nachbarssohn Jürgen vernetzte in dieser Zeit auch unsere drei PCs. Der alte Matrixdrucker wurde ersetzt durch einen Laserdrucker, ein Ausstellungsstück. Er kostete mich damals einen ganzen Monatslohn, verfügte dafür jedoch über gleich drei Schriftgrößen. Schriftart: Courier – natürlich.

In der folgenden Zeit übersetzten wir viele Wiedergutmachungsgutachten. Für Zeugen unvorstellbarer KZ-Tragik. Außerdem wissenschaftliche Arbeiten, Artikel für die MMW (Münchener Medizinische Wochenschrift, heute: MMW – Fortschritte der Medizin), Zulassungsdokumente. Teilweise handschriftlich. Kistenweise.

 

Der Sprachendienst wächst: das Ende unseres Keller-Daseins

Schon war es Zeit für eine weitere Projektmanagerin. Sie war Italienerin. Ich Brite, meine Frau Schweizerin: zusammen bildeten wir schon damals ein internationales Team. Kehrseite der Medaille war, dass unser Keller nun aus allen Nähten platzte… Also: Umzug in das luftig-helle Büro im Ilzweg, in dem wir übrigens noch heute sind. Alle Zimmer waren beim Einzug schon vernetzt (die Jungs vor uns waren nämlich „IT-ler“). Dafür gab es an der WC-Tür kein Schloss (Jungs eben)! Done. Die Arrhythmien waren auch weg. Dafür hatte unsere Italienerin Bauchweh und musste uns leider wieder verlassen. Aber wir schreiben uns heute noch.

Als Nachfolgerin wehte uns ein frischer Wind aus Baden-Württemberg herein. Teuer, aber wie sie uns versicherte, würde sie das Geld schon reinbringen. Die erste Zeit haben wir tagelang nur Jalousien gekürzt und aufgehängt (Innenausstattung hatte für die Jungs auch nicht wirklich Priorität gehabt). Trotzdem stiegen die Auftragszahlen und damit der Umsatz. Zu unseren typischen Texten gesellten sich Themen wie Kompressionsstrümpfe, Johanniskraut-Extrakt, Mistelprodukte. Außerdem wieder neue PCs, neue Betriebssysteme…

 

1999: aus dem Medizinischen Sprachendienst wird medax

1999 erfolgte dann die Umfirmierung. Von nun an hießen wir medax – Medizinischer Sprachendienst.

Irgendwann ging es mit dem ersten „medax-Kind” los (mittlerweile ist er 19). Mit 105 cm hatten die werdende Mutter und ich kurzzeitig den gleichen Umfang! Inzwischen zählt die „medax-Familie” weit über 25 Kinder. Lauter kleine Übersetzer…

Warum Franzosen immer die Übersetzungen von anderen Franzosen zerfleischen? Wissen wir bis heute nicht. Aber um den Schaden zu begrenzen, stellten wir unsere erste französische Muttersprachlerin ein. Die Erste von insgesamt drei. (Die Zweite leitete übrigens später erfolgreich unsere französische medax-SARL in Paris.)

Es zog die Routine ein bei medax. Aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen Monate. Die Windows wurden immer größer, WinWord siegte über WordPerfect, wir sprachen alle bereits Microsoft. Zwei Projektmanagerinnen, dann drei: 2003 bearbeiteten wir schon 150 Aufträge im Monat.

 

Revolution aus dem Internet

Das Internet hat die Arbeitsweise des Übersetzers grundlegend revolutioniert bzw. vereinfacht. Vor ein paar Jahren hatte man zu Recherchezwecken noch nach dem Martindale, Merck Manual, Bunjes, Ernst oder dem Romain gegriffen. Kollegen wurden befragt oder man besuchte gar die Staatsbibliothek, um den korrekten Terminus zu finden. Das nahm relativ viel Zeit in Anspruch. Eine belgische Kollegin wollte uns diese Recherche-Zeit sogar auf die Rechnung setzen. Andere Kollegen aus Lichtenstein versuchten, uns 1 DM pro Faxblatt zu berechnen. Doch das rief den Schotten in mir auf den Plan. Sie haben dann bald alle von diesen Dingen abgesehen.

Das war früher. In den 90ern lief es dann ganz anders: man konnte bequem von zuhause aus „googlen“. Ein Übersetzungsauftrag, der 1992 auf dem Postweg noch vier Tage unterwegs gewesen war, wäre heutzutage in vier Stunden möglich. (Und damals verschwanden auch noch seltsam viele Disketten, weil z.B. der Hund sie aufgefressen hatte…).

Als Übersetzer musste man neue Programme erlernen. An Microsoft Office kam man nicht mehr vorbei. E-Mails, Internet-Recherchen. Buchhaltung, Verwaltung, Archivierung. Layout, Pagemaker, Filemaker, InDesign, PDFs, Powerpoint. Elektronische Signaturen, Antivirus-Programme, Adobe Finereader. SDL Trados, MemoQ, Across, MultiTrans… Alle wurden sie auf die Festplatte gequetscht. Und alle mussten bezahlt werden. (Man vergleiche das bitte mit der Textstelle über meine gebrauchte IBM Kugelkopf-Schreibmaschine aus Abschnitt 2!)

 

Meilenstein DIN-Zertifizierung: medax wird zum Vorreiter

2006 wurden wir bei einem Treffen bei der Belgische Kamer van Vertalers en Tolken (Belgischer Übersetzerverband) in einem ehemaligen ziekenhuis (das bedeutet „Krankenhaus“, remember Kerstin?) gefragt, ob wir uns eigentlich auch nach DIN EN 15038 zertifizieren lassen wollten. Kurzentschlossen wie ich bin, vereinbarte ich gleich nach unserer Rückkehr einen Prüftermin mit dem TÜV Süd. Und so wurde medax im Jahr 2007 als erster Sprachdienstleister Deutschlands nach dieser brandneuen Norm zertifiziert. (Ich weiß bis heute nicht, ob mir unser Mitbewerber – der maßgeblich an der Ausarbeitung der Norm mitgewirkt hatte –  jemals verziehen hat, dass ich letztendlich vor ihm zertifiziert wurde.)

Nun waren wir auf den Geschmack gekommen: wenn schon TÜV, warum dann nicht auch noch unsere Kundenzufriedenheit zertifizieren lassen? Mithilfe des IMIG (Institut für Marktforschung im Gesundheitswesen) in München haben wir auch diesen Zertifizierungsweg erfolgreich bestritten.

 

Schöne neue Welt

Der Markt hat sich verändert. Mittlerweile ist Englisch als „Amtssprache“ bei vielen Kunden etabliert und die Auftragszahlen für unsere wissenschaftlichen Klienten sind rückläufig. Doch Qualität MUSS weiter vorgehen – auch bei Termindruck. Dafür konnten wir Rückversicherer, Verlage und Vertreter der klinischen Forschung für uns gewinnen.

Einkaufsabteilungen schoben sich zwischen Fachkraft (=Kunde) und Übersetzer. Billiganbieter, die studentische Hilfskräfte oder Nicht-Muttersprachler anstelle von Ärzten und Pharmazeuten einsetzen, nagen am Kundenstamm. Die Finanzkrise 2008 hat auch der Übersetzungsbranche zugesetzt. Viele mussten ihre Preise drastisch reduzieren oder gar das Handtuch werfen. Das Niveau von 2007 bleibt dennoch bisher unerreicht.

CAT & MT sind heutzutage in aller Munde. Zuerst sorgten Translation Memories (TMs) für erhöhte Effizienz und Konsistenz. Sie ermöglichen Übersetzern im Allgemeinen ein einträgliches Auskommen.

Machine Translation (MT) wurde uns schon vor Jahrzehnten angekündigt. Heute ist sie da. Nicht perfekt, aber immer besser. Auch nicht überall einsetzbar. Doch mit ihr wurden ganz neue Berufe ins Leben gerufen. Aus der Kunst des Übersetzens ist eine statistisch-grammatikalische Wissenschaft geworden. Aus Computer-Assisted Translation (CAT) ist Translator-Assisted Computing geworden. Ich wünsche jedem in dieser „Brave New World“ alles Gute. Es ist nicht mehr meine Welt.

 

medax = das Team

Reisen bildet. Wir haben regelmäßig Bildungsreisen unternommen. Mit der ganzen Truppe nach Paris, London, Kopenhagen, Warschau, Granada, Lissabon. (Demnächst sogar Reutlingen.) Oder einzeln, nach Brüssel, Budapest, Antwerpen… Das stärkt das Team-Gefühl.

Zusammen gefeiert haben wir auch. Jeden Geburtstag, jedes Weihnachten, (fast) jede Wies’n. Gute Geschäfte, Hochzeiten, Taufen.

In einem ruhigen Moment (eine Seltenheit im Büro) stehe ich ganz still. Dann höre ich leise die Stimmen und sehe verschwommen die Gesichter „meiner“ Mädels. Paola, Sandra, Viola, Kerstin, Céline, Carole, Caroline, Heidrun, Susi, Susanne, Svenja, Katrin, Julia, Ina, Anastasia, Pilar, Melanie, Karoline, Maren, Marie, Miriam und einige mehr. Und alle sind sie in Karikaturen oder sogar in unserem Erklärvideo verewigt (nicht unumstritten, but hard luck!).

Zusammen sind wir stark. Unsere Mitgliedschaften in ITI, QSD, EUATC und der Deutsch-Englischen Ärzte-Vereinigung (DEÄV) waren für uns eine Quelle für eminent qualifizierte Fachübersetzer. Allesamt höchst professionelle und integere Menschen. Ohne Maggie, Meryl, Mick, Antonio, Alison, Annie, Astrid, Marina, Liz, Pippa, Caroline, Grahame, David, Bob, Sture, Katarina, Peter, François, Ignacio, Brian („the voice“) u.v.m. hätten wir diese ausgezeichnete Qualität nicht stets so pünktlich und konstant über Jahre liefern können.

Mein Fazit…

Viele sind persönliche Freunde geworden. Ich danke Euch allen von Herzen.

Ohne diese beispiellos wunderbaren Menschen hätte medax nie so erfolgreich sein können. Sie alle haben medax mit Leben gefüllt und medax gelebt. Auch das aktuelle medax-Team ist wunderbar. Es führt unsere Tradition ungebrochen fort. Intelligent, loyal, fleißig, freundlich, zuverlässig, autonom, lieb, humorvoll, spritzig, nicht ohne die eine oder andere Spitze manchmal, voller Teamgeist. Ich kann Euch nicht genug danken und wünsche Euch alles, alles Gute für die Zukunft.

Ich möchte mich zuletzt auch bei all denen bedanken, die uns (bewusst oder unbewusst) so unermüdlich und fantastisch unterstützt haben. IT (Michi, du bist ein Star!), Banken, Internet/Website, Datenschutz, Zertifizierung, Kollegen, Marktforschung und last but certainly not least Karin, unsere Raumpflegerin, die immer eine bessere Note bekommt als ich in unserer jährlichen Mitarbeiterinnen-Zufriedenheits-Umfrage.

Die 28 Jahre haben mir sehr viel Spaß bereitet. Es waren lohnende Jahre. Ich habe viele interessante, intelligente (mit sechs Ausnahmen) und freundliche Menschen kennengelernt, viele Freunde gewonnen, viel gelacht. Erfolge gefeiert, Niederlagen verdaut. Ich hätte es gar nicht anders haben wollen. Das ist halt der Vorteil, wenn Mann Chef ist. Nun pflanze ich noch irgendwann in meinem neuen Domizil einen Baum, dann habe ich auch diesen letzten Punkt abgehakt. Man soll gehen, wenn es am schönsten ist.

 

– THE END –

 

PS: seit April 2019 ist medax  ein Unternehmen der Transline Gruppe in Reutlingen. Martin wird uns aber weiterhin (glücklicherweise!) hier in Olching oder aus dem Home Office als Berater und nach wie vor als Übersetzer zur Verfügung stehen. Das macht uns den „Abschied” etwas leichter. Auch Dir weiterhin alles, alles Gute, lieber Martin. Genieß Dein Rentner-Dasein in vollen Zügen und – vielen Dank für ALLES!

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